Millennium 2000

Millennium 2000

Wow, sind wirklich schon 20 Jahre vergangen? Ich kann mich erinnern, dass im Feld der Menschheit ein großer Hype war, was da alles sich verändern und besser und schöner und gerechter, einfacher, etc. werden wird. Eine Wandel auf allen Ebenen. Spannend und Aufregend wird es werden …

Und nun, in etwas schwächerer Form, nehme ich ähnliches für 2020 wahr. Wieder eine besondere Zahl die ein besonderes Leben zu versprechen scheint. Möge es so sein. Glaube versetzt ja bekanntlich Berge.

In der vergangenen Nacht hörte ich aus der Ferne von Torrox Pueblo und Costa die Böller knallen. Es tangierte mich nicht. Ich war froh und dankbar, es nur gedämpft mitzukriegen und zu sehen, dass meine fünf Fellnasen friedlich schlafen – außer Sidi, die hin und wieder den Kopf hob und die Ohren spitzte um sich dann wieder ins Kissen auf dem Sofa zu kuscheln. Meine Gedanken wanderten zum Millennium und lösten ein Lächeln aus. Immer wieder, wenn in den letzten vier Jahre Szenen aus der Vergangenheit abgespielt werden, habe ich diese Lächeln begleitet von Dankbarkeit für mein besonderes, spannendes, aufregendes und ständig sich im Wandel befindliche Leben …

Damals, vor nun 20 Jahren war ich mit dem Kindsvater und unserer zweieinhalb jährigen, wundervollen Tochter in der Karibik. Eine besondere, spannende, aufregende Reise die damit begann, dass wir einfach hin flogen und alles weitere vor Ort so geschehen wird, wie es dann eben geschieht. Wir kamen Nachts an und etwas ratlos standen wir dann herum als uns ein junger Mann ansprach und fragte ob wir ein Zimmer suchen. Er führte uns durch dunkle Gassen einen Berg hinaus. Na ja, etwas mulmig war uns schon zumute, doch das Vertrauen war stärker. Vor einer Holzhütte auf Holzpfählen unter dem die Hühner schliefen klopfte er an die Tür und führte uns bei seiner Mutter in eine kleines Zimmer. Am Morgen wurden wir mit einem herrlichen Frühstück beschenkt und sogar von dem jungen Mann zum Flughafen zurück gebracht um ein Auto zu mieten. Direkt am Meer fanden wir ein kleines Hotel und sprangen erst einmal in die kleinen Wellen. Schwimmflügel für unsere Kleine wollten wir am Nachmittag, wenn die Siestazeit vorbei ist, besorgen …

Was dann im Meer geschah, war ein Schock. Dieter trug unsere Süße auf den Armen und wir plantschten ausgelassen im Wasser. Er reicht sie mir, da er etwas hinaus schwimmen will und in diesem Moment kommt wie aus dem Nichts eine große Welle und noch bevor ich sie richtig im Arm habe …………. reißt die Welle mir meine geliebte Tochter aus den Händen. Noch heute spüre ich ihre Haut die einfach an meiner „abrutscht“. Nur Schaum der Welle war zu sehen … keine Spur von unserer Tochter. Ich war Schockpanisch und rannte schreien in Richtung Strand in der Hoffnung das sie da angespült wird. Ihr Vater blieb stehen, er hatte vor vielen Jahren mit einem ihm fremden Kind etwas ähnliches erlebt und wusste, dass sie da wieder auftauchen wird, wo wir sie verloren haben. In diesen paar Sekunden die ich zum Strand rannte, sah ich uns mit einem kleinen Sarg zurück fliegen. Ich konnte nicht fassen was da gerade geschah … Ich wäre am liebsten Tod umgefallen. Mir rieß es schier das Herz aus dem Leibe als ich Dieters Stimme hörte die gegen die Wellen zu mir schrie: Ich hab sie!

Noch am gleichen Tag verließen wir das Meer und gingen möglichst weit weg davon in die Berge – da bei jedem Wellengeräusch unsere Tochter zu weinen begann. Immer wieder erzählte sie uns, wie sie unter Wasser gedreht wurde, mal den Sand, mal den Himmel sah … Wir hörten zu, gingen auf sie ein. Ließen ihr den Raum, das Erlebte immer wieder in Worte zu fassen um den Schock zu überwinden. Nach einer Woche fuhren wir wieder ans Meer und setzen uns an den Strand. Alles war gut, bis ihr Vater ins Meer gehen wollte, da begann sie panisch zu weinen und ihren Vater daran zu hindern ins Wasser zu gehen. Gut, er ließ es und wir fuhren in die Berge zurück. Dies praktizierten wir jeden Tag und die letzten zwei Tage verbrachten wir wieder am und im Meer. Sie hat durch das aktive Zuhören und sich ausdrücken, den Schock und die Angst vor dem Meer noch in diesem Urlaub vollständig überwunden hat und wie eine Meernixe – mit Schwimmflügelchen – im Wasser herum tobte …

Ja, man könnte es als unverantwortlich oder leichtsinnig bewerten. Doch wer denkt schon, bei einem ruhig da liegenden Meer daran, dass aus dem Nichts ein heftiger, hoher Wellengang einsetzen könnte? …

Wie schnell kann doch das Leben und die ausgelassen Freude zum Desaster werden. Ja, wir hatten wohl eine Million Schutzengel und ich kann meine Dankbarkeit gar nicht wirklich in Worte fassen.

Der Prozess, die Begleitung unserer Süßen durch den Schock, war sehr nahe und tief. Es zeigte uns beiden, dass mit LIEBE auch schlimme Erlebnisse heilen können, wenn wir einander Zeit und Raum geben, zuhören, präsent und mit offenen Herzen da sind.

Das alles ging mir letzte Nacht durch den Kopf und ich bin zum Schluß kommen, dass wenn ich versuchen würden alle Möglichkeiten im Vorfeld durchzuspielen, ich wohl vieles, sowohl Schönes wie auch weniger Schönes bis hin zu Schockierendem, nicht erlebt hätte … Ja, vielleicht bin ich manchmal zu unbedacht, zu „mutig“, überlege zu wenig – dadurch jedoch empfinde ich mein Leben als eine spannende, schöne, manchmal herausfordernde, beängstigende, beglückende Reise und brauche kein Millennium oder 2020, an das ich die Hoffnung binde, dass mein Leben besser, schöner, abwechsungsreicher, etc. wird. Das Leben ist ein Fluß ohne Jahreszahlen, das in ständiger Bewegung und Veränderung ist, wenn ich verstehe, dass Sicherheit eine Illusion ist …

(Auch wenn dieses Erlebniss eines ist, das mich noch immer schockt und mich blass werden lässt aber auch ein dankbares Lächeln auslöst, dass sie bei uns geblieben ist …

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